St. Martinskirche Oppau
St. Martinskirche Oppau

1976 hatte Oppau – ohne Edigheim und Pfingstweide – 10325 Einwohner. Aufgeteilt nach Religionszugehörigkeit ergaben sich 57,3% Protestanten, 34,9% Katholiken und 7,8% Bürger anderen Glaubens oder ohne Konfession.

Im Jahre 2006 hatte Oppau: 9718, Edigheim: 8305 und die Pfingstweide: 6434 Einwohner. Dies war nicht immer so. Aus der Geschichte wissen wir, daß vor der Reformation (1556) alle Christen katholisch waren. Danach gab es eine relativ lange anhaltende Übergangszeit, in der die Bevölkerung der Konfession des jeweils regierenden Fürsten folgen mußte. Waren nach 1521 etwa 95% der deutschsprachigen Bevölkerung auf der Seite Martin Luthers, so beschloß 1526 der Reichstag zu Speyer den Grundsatz „CUIUS REGIO EIUS RELIGIO“ d.h. wessen Herrschaft man angehört, dessen Religion hatte man auszuüben! So mußte innerhalb von 150 Jahren im Bereich der Kurpfalz, der pfälzischen Regenten aus den Herrschaftshäusern Pfalz-Heidelberg, Pfalz-Zweibrücken, Pfalz-Simmern, Pfalz-Neuburg und Pfalz-Sulzbach achtmal die Konfession gewechselt werden, und zwar abwechselnd katholisch, lutherisch und reformiert (calvinistisch). Die Pfarrer der anderen Konfession wurden jeweils vertrieben. Den Untertanen, die sich nicht beugen wollten, blieb nur die Auswanderung.
Repro’s K.Müller

Chronik von 1771 bis 1954

von Friedrich Schmitt
Geschichte der St. Martinskirche von 1771 bis 1954
Geschichte der St. Martinskirche von 1771 bis 1954

Es gab viel Unfriede unter den Menschen, da der konfessionelle und politische Streit auch zu privaten Problemen führte. Erst später beendete die Französische Revolution die religiöse Bevormundung und wurde daher von vielen pfälzischen Protestanten freudig begrüßt. Das ausgehende 17. und das 18. Jahrhundert waren angefüllt mit Glaubenswechsel. In der Pfalz galt nicht das geflügelte Wort Friedrich II. von Preußen: „In meinem Staat kann jeder nach seiner Fasson selig werden“. Das war vielleicht etwas überheblich gesagt, doch traf es hinsichtlich religiöser Duldsamkeit wohl zu.

Man kann sagen, im 17./18. Jahrhundert waren die christlichen Konfessionen gegeneinander gerichtet, z.T. voll Feindschaft, Intoleranz und Unvernunft. Im 19. Jahrhundert, im Zeichen der Aufklärung, versuchte man nebeneinander auszukommen. Erst in diesem Jahrhundert, nach der Erfahrung von zwei Weltkriegen und dank der ökumenischen Idee wurde es möglich zusammenzustehen; auch in Abwehr neuer Mächte, die alles in ihren Sog zu ziehen und auszuzehren drohten.

Ab 1720 waren in unserer Heimat die Kurfürsten katholisch und erreichten durch Erbschaft die bayerische Kur- und Königswürde. Unter dem kunstsinnigen Kurfürsten Carl Theodor (1742-1799) gab es für die Katholiken der Pfalz großen Auftrieb. Überall in Stadt und Land schossen zweite Kirchen aus dem Boden. Während früher das Ortsbild von einer Dominante, der Kirche, gekrönt wurde, bildeten nun vielerorts zwei Kirchen die Silhouette des Ortes, oftmals recht verschieden gebaut, doch in einem Sinn zusammengehörig, wie uns Oppau beispielsweise augenfällig zeigt.

Nach der Baugeschichte der Auferstehungskirche, wollen wir heute dem Ursprung der St. Martinskirche nachgehen. Anregungen und Hilfe gaben die Pfarrer Schaller und Bähr mit ihren Archiven, sowie das kath. Kirchenarchiv Speyer, das Werk „Bayerische Kulturdenkmäler“, die Herren Hans Lutz und Architekt Alfons Collignon und das K.-O.-Braun-Buch.

Die 1. Kirche 1771-1921, Bauzeit 1771-1774

Die 1. Kirche 1771-1921 (Bauzeit 1771-1774)
Die 1. Kirche 1771-1921 (Bauzeit 1771-1774)

Da im Jahre 1556 in Oppau die gesamte Bevölkerung protestantisch-lutherisch wurde, gab es danach keine Katholiken mehr. Erst Ende des 17. Jahrhunderts zogen etwa drei bis fünf katholische Familien zu und 1680 lebte eine katholische Pfarrgemeinde wieder auf.

Für die Ausübung ihres Glaubens stand ihnen kein Gotteshaus zur Verfügung, da die ursprünglich St. Martin geweihte Kirche den Lutheranern und ab 1705 den Reformierten diente. Unter Schultheiß Riede wurde den Katholiken nach langen Kämpfen, im Obergeschoß des Rathauses ein Andachtsraum zugestanden. Damals gehörten sie zur Pfarrei Oggersheim (1700), ab 1735 zu Frankenthal.

Dekan Deboul erwirkte, da die katholische Gemeinde anwuchs, daß die protestantische Kirche simultan für beide Religionen  genutzt wurde. Zeitweise wurde dieser Zustand aufgegeben. Ab 1765 dachte man ernsthaft daran, eine eigene Kirche zu bauen. Die Pfarrämter Edigheim und Studernheim unterstützten mit Hilfe des Speyerer Bischofs dieses Vorhaben. Die Geldmittel flossen sparsam, so daß die Bevölkerung selbst viel spenden mußte.

Baumeister (sicher auch Architekt) war der einheimische Burkhard Süß. Der Grundstein wurde 1771 gelegt, die Einweihung erfolgte 1774. Diese Kirche ist den älteren Bürgern noch bekannt, denn sie stand bis zum Explosionsunglück 1921. Sie war ein schönes, kleines Barockkirchlein mit recht guten Maßverhältnissen (21 mal 11 Meter) und einfacher Ausstattung.

Fast angelehnt stand daneben das Rathaus.  Die Freude über das neue Gotteshaus währte nicht lange. Ende des 18. Jahrhunderts wurde während der französischen Revolutionskriege die Kirche als Kriegslazarett benutzt. Gottesdienste wurden wieder bei den Evangelischen gehalten. Nach Abzug der Franzosen waren Inneneinrichtung, Schmuck und dgl. erheblich zerstört, und Bürgermeister Conrad Schmitt funktionierte die Kirche zu einem Geräteraum für die Gemeinde um.

Der energische Pfarrer Negele erwirkte 1807 die Wiederherstellung der Inneneinrichtung, ebenso die Aufwertung Oppaus zum Pfarrort. Unter seiner Regie wurden auch ein Pfarrhaus, Schwesternhaus und andere Gebäude errichtet oder begonnen; gleichzeitig ist Gelände gekauft worden. Im 19. Jahrhundert zogen mehr Katholiken nach Oppau zu, so daß die Kirche mit ihren nur 180 Sitzplätzen bald zu klein wurde.
Anfang des 20. Jahrhunderts dachte man ernsthaft an einen Neubau, und Professor Pützer wurde beauftragt, sich darum Gedanken zu machen oder eine sinnvolle Erweiterung zu erwägen. Die BASF zeigte Interesse an einem Neubau, doch mitten in hoffnungsvolle Ideen brachte die Katastrophe von 1921 alle Pläne zum Erliegen.

Die 2. Kirche 1923-1943, Bauzeit 1921-1923

2. Kirche 1923-1943 (Bauzeit 1921-1923)
2. Kirche 1923-1943 (Bauzeit 1921-1923)

Bald nach dem grauenhaften Unglück wurden Vorbereitungen getroffen, Kirche, Pfarrhaus und Schwesternhaus wieder aufzubauen. Die Ideen von Hans Pützer wurden hartnäckig weiter verfolgt, und die beiden Pfarrer Hartmüller und Reichling waren die Bauherren der neuen Kirche St. Martin, die am 11.11.1923 durch Bischof Dr. Sebastian ihrer Bestimmung übergeben wurde. Den überwiegenden Teil der Finanzierung übernahm die BASF.

Der nach einer Wettbewerbsskizze des damaligen Baurats Albert Boßlet gewonnene Bauwettbewerb wurde von Architekt Joseph Kuld, Mannheim, ausgeführt. Von der früheren Kirche, die wie die jetzige nach Süden gerichtet war, wurde beim Neubau nur die historische Fassade zur Kirchenstraße und der Dachreiter verwendet, an die sich südlich in den Raumverhältnissen des früheren Schiffes, in der Länge von 2 Fensterachsen eine Vorhalle anschloß. So wurde der neue Innenraum der Kirche wesentlich größer als der frühere.

Angebaut wurde eine Kriegergedächtnis-Kapelle, die auch als Taufkapelle Verwendung fand. Ein Charakteristikum war der wuchtige Turm mit Zwiebelhelm. Die Stilrichtung war Neubarock der Übergangszeit des 19./20. Jahrhunderts.

Der Innenraum zeigte Neuklassizistische Züge. Er hatte ein mächtiges Gewölbe mit zwei relativ großen Deckengemälden in Fresko, einer geschickten Raumaufteilung und guter Akustik. Bemerkenswert die Kunstschmiedearbeiten und das Kreuzbild des Hochaltars von Kunstmaler Lambrecht. Die Größe der Kirche war 37,50 mal 17,35 Meter.

Zu erwähnen ist noch, daß das Gelände des alten Rathauses, das auch zerstört worden war, nach Abräumen der Trümmer von der Pfarrgemeinde erworben wurde und z.T. beim Neubau Verwendung fand.

23./24. 9.1943 zerstört
23./24. 9.1943 zerstört

Am 23./24. September 1943 wurde die Kirche durch Spreng-Brand-Bomben im 2. Weltkrieg zerstört. Weitere Bombenwürfe im Jahre 1944 folgten und am 5. Januar 1945 waren auch die Überreste restlos vernichtet worden. Von den beiden Kirchen ragten nur noch die Turmstümpfe über das Häusermeer von Oppau hinaus und gaben ihm einen makabren Akzent.

Von 1943-1954 wurde teilweise im katholischen Kindergarten und in der Näh- und Handarbeitsschule Gottesdienst gehalten. Nach Kriegsende war der Katechetenchor zu einer Notkirche umgestaltet worden, doch blieb auch diese für die Gemeinde viel zu klein.

Die 3. Kirche ab 1954

1949 Plan für den Wiederaufbau
1949 Plan für den Wiederaufbau

Zwischen 1945-1949 wurden Vorbereitungen für den Wiederaufbau der St. Martinskirche getroffen. Die finanziellen Mittel waren gesichert. Das Pfarramt, in Verbindung mit dem Kirchenamt in Speyer, entsprach den Wünschen des Bausachverständigen Dr. Karl Lochner. Zur Abgabe eines Entwurfs wurden folgende Architekten eingeladen: Heinrich Schneider, Prof. Dr. Boßlet-Würzburg, Baurat Wilhelm Schulte-Speyer und Architekt A.Collignon. Man beschloß einstimmig, Prof. Boßlet den Auftrag zu erteilen.

Zunächst wurde zusätzlich Baugelände von Familie Bechtel erworben und die Kirchenfassade zur Straße um 6 Meter zurückgenommen. Am 31.1.1953 erfolgte der erste Spatenstich im Beisein eines großen Publikums. Pfarrer Flörchinger konnte u.a. als Ehrengäste Bürgermeister Trupp und Pfarrer Bernius begrüßen. Bauleiter war Architekt Alfons Collignon.

kath. Kirche Oppau
kath. Kirche Oppau

Der Grundstein wurde am 17.5.1953 gelegt; unter Teilnahme von vielen Persönlichkeiten der Kirchen, des Staates, der Stadt und der BASF. Die Aufräumungsarbeiten hatte die Oppauer Firma Jakob Fick II. durchgeführt. Die Bau-, Zimmerer-, Gipser- und Dachdeckerarbeiten wurden den einheimischen Betrieben Gebr. Stephan, Collignon und Kächele & Knecht, Jakob Fick und Theodor Uebelhör übertragen.

Schon im Oktober war der Rohbau beendet und am 3. des Monats Richtfest gefeiert worden. Am 18.7.1954 war der Bau endlich vollendet.  Er wurde wesentlich größer erstellt als vordem – im Hinblick auf das erwartete Anwachsen der Bevölkerung in dem damals rund um Oppau geplanten Wohngebiet (Bauerwartungsland). Diese Aussicht ist inzwischen sehr in Frage gestellt; ob besser oder schlechter für Oppau, das bleibe dahingestellt. Bei humoriger Betrachtung unseres Kirchenzentrums könnte man auch sagen, Oppau habe eine Dorf- und eine Stadtkirche.

Zum Schluß eine Würdigung des Kirchenbaues.

Der große Kirchenraum wird durch zwei Säulenreihen in ein Hauptschiff und zwei Seitenschiffe geteilt. Man hat überall einen freien Blick über den ganzen Raum mit Hochaltar, dank hoher lichtdurchfluteter Fenster. Die Empore mit Orgel und Platz für den Kirchenchor ist an der Nordseite angebracht. Die Akustik ist gut. Im Chor sind schöne Glasmosaikfenster mit Szenen aus dem Leben des Heiligen St. Martin.

Der Architekt hat auf überflüssige Ausschmückung verzichtet und läßt den Raum durch schlichte oder vornehme Einfachheit wirken. Sie kommt der heutigen Auffassung des modernen Kirchenbaues entgegen. Das hohe Kirchenschiff erhielt mit dem wiederaufgebauten, seitlich anhängenden Turm eine interessante Note. Einen Zwiebelturm als oberen Abschluß gab es nicht wieder, dafür einen zurückgesetzten, flachen Aufbau nach Art der frühchristlichen Campanilen.

Die Kirche war durch den Neubau eine andere geworden; sie wird aber auch in ihrer neuen Form Geschichte und Baugeschichte machen.

Es sei die Hoffnung ausgesprochen, daß beide Kirchen, wie sie einst der Oppauer Maler Johannes Frech in der untenstehenden Komposition als geistige Mitte der Gemeinde gesehen hat, zum Wohle der Christenheit und zum Segen der Gläubigen ihre Dienste leisten mögen.

Friedrich Schmitt
Oppau, die beiden Kirchen. Zeicjnung von Joh. Frech
Oppau, die beiden Kirchen. Zeicjnung von Joh. Frech

Nachtrag von Oppau.Info:

Organisten in der St.Martinskirche:

Herr Peter Braun                        ….    Bis 1973
Herr Jansjürgen Schaupp           1973 bis  1987
Herr Michael Eisinger                 1987 bis  1997
Herr  ?  Jahn                             1997 bis  1999
Frau Daniela Reuther                1999 bis  September 2001
Herr Dominik Therre                  Sept. 2001 bis  2017

Herr Erik Haffner 2017 bis …