In der zurückliegenden Zeit wurde Oppau.info mehrfach über die gemeindliche Zugehörigkeit des Melm befragt. Da gehen auch heute noch bei vielen Oppauern und auch Oggersheimern die Meinungen auseinander. Wir haben zu diesem Thema das Heimatbuch von „K.O.Braun, die Geschichte von Oppau und Edigheim“ zu Rate gezogen und dabei Interessantes gefunden.

Es heißt nicht ‚die Melm‘ sondern ‚der Melm‘, der Name stammt aus dem mittelhochdeutschen und bedeutet Staub oder Sand.

Das Ende des Streites wurde erst während der Herrschaftszeit von Kaiser Napoleon besiegelt. Ein Drittel der 1200 Jahre alten Dorfgeschiche war durch den Melm-Streit gekennzeichnet. Er begann Anfang des 15. Jahrhunderts und zog sich fast 4 Jahrhunderte (!) hin. Während der ganzen Zeit wurde dieser Streit mit brutaler Gewalt, gegen Ende der französischen Revolution auch noch mit Waffen ausgetragen. Täuschungen, Betrügereien und Intrigen der ‚edlen‘ Obrigkeit gegenüber den Oppauer Bürgern waren oft an der Tagesordnung.

Foto’s K.Müller

Der Melmstreit, ein dauerndes und ungewöhnlich bösartiges Streitverhältnis mit Oggersheim.

Von K.O.Braun

Die Gemarkung könnte man die politische Grenze des Dorfes nennen, wenn der Horizont als seine natürliche gilt. (Fr. Ratzel.) So wie jedes Kind, das noch kaum fest auf den Beinen steht, die Felder und Wiesen seines Vaters kennt, kennt jeder Bauernknabe die Grenze der Dorfgemarkung und sie haben für ihn wie für alle Gemeindeglieder dieselbe Bedeutung wie für den Vaterlandsliebenden die Landesgrenze. Er überschreitet nicht den Scheidgraben ohne das Gefühl, fremden Boden zu betreten und fühlt sich sicherer im heimischen Weichbilde als in der fremden Flur.

Mit doppelter Strenge wird jeder Feldfrevel eines Ausmärkers womöglich an Ort und Stelle geahndet und galliger erscheint des Schulzen Tinte zu sein, wenn sie von des Nachbarn Freveltaten berichtet.

Wie Nachbarvölker um den Besitz einer günstig gelegenen Landschaft, so balgen sich Gemeinden um den Genuß eines Acker- oder Wiesenlappens, eines armseligen Weihers, oder einiger Holzrechte im strittigen Grenzwald. Solche Fehden wachsen sich oft zu Jahrhunderte andauernden Feindschaften aus.

Der Melmstreit mit dem Nachbarstädtchen Oggersheim war das langwierigste und bösartigste Streitverhältnis unserer Gemeinde. Die auffallende Erscheinung, daß sich die Oppauer Gemarkung im Südwesten fast fünf Kilometer weit bis vor die Mauern von Oggersheim erstreckt, berechtigt zu der Vermutung, daß diese Ausweitung nicht ohne nachbarlichen Widerspruch, Streit und Kampf erfolgt sein kann, wenn auch der Altrhein mit seinem versumpften Ufergelände als natürliches Hindernis längere Zeit eine Grenzsperre gebildet hatte.

Histörchen

Der Lokalpatriotismus erfand auch diesbezüglich Histörchen und mit stolzem Staunen lauschten einst die Jungen, wenn „wissende“ Alte schmunzelnd erzählten, wie die schlauen und tapferen Väter „der vorderen Zeit“ das Grenzgebiet eroberten und dem Weichbilde einverleibten. Ein Blick in die einschlägigen Akten (St.A. Speyer, G.G.A. 660 II und Hofkammerprozeßakten 272) gibt uns Aufschluß über den wahren Sachverhalt.

Erste Grenzregelung

Alter Oppauer Grenzstein
Alter Oppauer Grenzstein

Die jetzigen Fluren Melm, Gescheid, Lange Bänke, Posthalterwiese, Groß-, Mittel- und Kleinparth, Mühlau usw. nordöstlich von Oggersheim längs des Altrheingrabens bis an die Bocksbrücke ziehend, bildeten ehedem unter dem gemeinsamen Namen Melm (v. mhd. melm = Sand, Staub) eine nahezu tausend Morgen umfassende Insel, ein holz- und grasreiches Sumpfgelände, ein herrenloses, von den benachbarten Siedlungen kaum in Benutzung genommenes Wildland, das seit der fränkischen Zeit vom König beziehungsweise Landesherren als Eigentum beansprucht wurde. Im Jahre 1208 schenkte Pfalzgräfin Irmengard den ganzen Melm (Urkunde s. Mh. Gesch. Bl. 1904, S.256) dem Kloster Schönau, wofür Pfalzgraf Heinrich von Sachsen Gewähr leistete.

Dieser Distrikt zwischen den Gemarkungen von Oggersheim und Oppau hatte auch bis dahin noch keinen ernsthaften Kultivierungsversuch erlebt und die stetig wiederkehrenden Überschwemmungen zerstörten oder verwischten immer wieder an vielen Stellen die festgelegten Grenzlinien und gaben dauernd Anlaß zu Streitigkeiten zwischen beiden Gemeinden und den Herren von Schönau beziehungsweise ihren Pächtern. Schließlich verlieh das Kloster am Walpurgistag 1429 auf alle Zeiten erblich und ewiglich der Stadt Oggerheim den Melm „mit all seiner Zugehörung, es sei Holz, Wasser, Weid und Begriff, nichts ausgenommen“ gegen einen ewigen Zins von 28 rheinischen Goldgulden, der alljährlich am Georgitag im Schönauer Hof zu Worms abgeliefert werden sollte.

Berechtigungsgrenzen

Nun wurden am 29. April 1430 durch Ortsbesichtigung und Kundschaftsakt (Urkunde St. A. Speyer Nr. 2064) die Berechtigungsgrenzen der Interessenten aufs neue geregelt und zwar in der Ratsstube „des Stettlins Agerhim“ in Gegenwart zweier Edelknechte, zweier Klosterbrüder und einer großen Zahl ortskundiger Einwohner von Oggersheim, Oppau und Frankenthal.

Das Verhör ergab folgende Feststellungen: Das Gelände war einige Jahrzehnte vorher an eine Fischerfamilie Schaiden verpachtet gewesen und nach dem Ableben des Familienhauptes an einen gewissen Haman Grick vergeben worden. In den letztverflossenen Jahren gab nur Oggersheim „einen jährichen Zins des Rohres wegen“. Die übrigen Nutzungen scheinen in dieser Zeit von den Anrainern wild genossen worden zu sein.

Die Bürger Conzel (Kunz) Anshelm, Hansel Anshelm, Jeckel Smyt (Jakob Schmitt) und Jost aus Oppau bezeugten, daß Schaiden seinerzeit das Holz gehauen und verkauft habe vom „Hauwesweg“ (dem heutigen Harschweg) bis an den Zippel oder Zinken (den jetzigen Zinkig) unten an den Zäunen (Feldzäunen), die vor dem Eicheswasem standen. Die Oppauer Schützen hätten auf der anderen (Oppauer) Seite auf Holz- und Weidendiebe aufgepaßt, sie gegebenenfalls gefangengenommen und gepfändet, so einmal auch den Claus Melmeise von „Odemkeim“ (Edigheim) auf frischer Tat erwischt, der seinen Frevel mir 3 Gulden hätte büßen müssen.

Das Pferd- und Kuhhüten war nach ihren Berichten auf beiden Seiten der Scheidlinie unverwehrt, ebenso das Rohrschneiden in der Herren- oder Hirschlache, das Holz- und Weidenhauen in den Büschen dagegen verpönt oder nur im Auftrag der betreffenden Nutzungsberechtigten gestattet. Die Oggersheimer bekundeten, daß sie wiederholt von Schaiden beziehungsweise Grick besonders bei Deichreparaturen Weiden und anderes Holz zu Geflechten und anderen Wehranlagen käuflich erworben und das Material selbst gehauen hätten im „Melmenspeck“ (Sumpf) und in den „Saulegern“ (Sauweide) längs des Hauwesweges vom Scheidbaum (das ist Grenzbaum) bis an die Zäune, wo einst auch ein Grenzstein gestanden sei, der wahrscheinlich vom Hochwasser ausgegraben und fortgeschleppt worden wäre.

Auf diesem Stein sei oft der Hirtenjunge Jost von Oppau, der spätere Pförtner von Oggersheim, beim Kuhhüten gesessen oder Weidenpfeifen geschnitten. In den von ihnen bezeichneten Horstbezirken hätten auch der Fischer und der Weingartshofmann des Schaiden ehemals stets für ihre Betriebe notwendige Holz geholt. Die Oppauer hätten jenseits der „Horlache“ (Schmutzlache), welche die Grenze bildete, keine Rechte gehabt.

Geldklemme in Oggersheim

Die Stadt Oggersheim gab schon bald nach 1430 „in  einer Zeit kurzsichtiger Geldklemme“, nicht „aus Nachbarschaft“, wie sie später behauptete, die südliche Hälfte des Geländes an die Gemeinde Oppau in Afterpacht gegen Bezahlung der halben Pachtsumme mit 14 Goldgulden, zahlbar auf Maria Lichtmeß vor Sonnenuntergang, bei Vermeidung des Verfalls der Rechte infolge Säumigkeit.

Aber bereits 1441 suchen beide Gemeinden ihre „Irrungen wegen des Wald- und Weidelandes Melm“ durch einen Teilungsvertrag zu begleichen. Man teilte unvorsichtig das Gebiet „überzwerch, also daß denen Oggerheimern das niedere, denen Oppauern das obere Teil worden, wie sie denn das mit einem Graben, den sie gemeinschaftlich machen, halten und unterscheiden sollten.

Da die Oggersheimer auf ihren niederen Teil nicht kommen konnten, so wurde weiter verabredet, daß die Oppauer ihnen einen Weg über ihren Teil geben sollen, welcher Weg unterschieden sein soll mit einem Graben, den die Oggersheimer auf ihre Kosten machen und halten sollten, damit denen Oppauern von dem Oggersheimer Vieh kein Schaden geschehe.

Von solchem Wege sollen die Oggersheimer denen Oppauern alle Jahre auf unser Frauen Tag Kerzweihe einen halben Gulden geben“. Das Oppauer Anteil reichte fast bis zur Oggersheimer Stadtmauer heran, bis zur Kilianskirche waren es nur „dreißig Schritt“. Die unmittelbare Lage des Oppauer Melmstückes vor der Stadt war dann auch die Ursache zu unzähligen und unaufhörlichen Konflikten.

Prügel um die Grasrechte

Grasbegierige Menschen und die Viehherden der Stadt achteten die Scheidegräben nicht und fielen raubend in die Oppauer Weideplätze ein. Die Hirten der beiden Gemeinden verprügelten sich wie ihre Kollegen zur Zeit Abrahams und Lots. Auf ihre Hilferufe eilten die in der Nähe beschäftigten Bauern herbei und man lieferte sich blutige Gefechte wie Volksstämme in ihren Grenzgebieten. Die Oppauer, auf eigenem Boden kämpfend, im Bewußtsein ihres Rechts, schlugen wild um sich und trieben meistens ihre Gegner in die Flucht. Verwundete, zwei- und vierbeinige Gefangene, wurden im Triumph nach Hause geführt.

Wenn die Oppauer in teuren Zeiten einmal ihren Afterpachtzins nicht rechtzeitig zahlten oder schuldig blieben, suchten die Oggersheimer sofort durch richterliche Entscheidung die Annullierung des Vertrages herbeizuführen. Auch auf schikanöse Weise erprobten sie, die Oppauer Rechte hinfällig zu machen, indem sie selbst die rechtzeitige Pachtzahlung vereitelten, zum Beispiel durch Alkoholisierung des zahlungsbereiten Oppauer Dorfmeisters, wie laut Dorfgerichtsbuch der Fall von 1552 beweist.

Beinahe 4 Jahrhunderte dauerten die Feindseligkeiten und führten zu beschämenden Gehässigkeiten. Durch erneute Vergleiche (1605, 1611, 1617, 1707) suchten die Aufsichtsbehörden immer wieder den Frieden herzustellen.

Erneute Vereinbarung

Nach der neuen, erläuterten Vereinbarung von 1617 sollten sich beide Teile vom Georgitag bis Michaelis der Melmwiesen ganz enthalten, während der übrigen Zeit aber mit allem Vieh die Nutzbarkeiten genießen. Die Oppauer hatten pflichtgemäß den Melmgraben und die Bäche allein dergestalt offenzuhalten und auszuwerfen, daß das Vieh der Oggersheimer nicht durchkommen könne.

Wie nach der Beredung von 1441 sollte auch künftig „jeden Mannes Vieh, klein oder groß, wenig oder viel, wenn es überläuft, zu einer Einung (Strafe) 6 Pfennig verbrochen haben“. Beide Teile dürfen in den Gräben fischen, die Oggersheimer müssen aber den Affenbach stets offen halten und die Oppauer diesem den freien Lauf lassen. Die Rechte der Oppauer verfallen zugunsten der Oggersheimer künftig dann, wenn der Pachtzins nicht zu gebührender Zeit, am Lichtmeßtag oder längstens 14 Tage nachher, noch nicht entrichtet ist.

Beide Gemeinden sollen in allen Vorfallenheiten gute Freundschaft üben und in guter Nachbarschaft leben bei 10 Gulden unausbleiblicher herrschaftlicher Strafe.

Die Beruhigungen und Beinträchtigungen dauerten aber an. „Die Stadt Oggersheim konnte sich nie bei diesen austräglichen Entscheidungen beruhigen; die dumme Verteilung, die „nahe Angrenzung“, der Grund alles Übels, blieb bestehen. Oggersheim verlangte, daß Oppau seine Markgrenze zurückverlege und mit Kompensationen in anderen Fällen Vorlieb nehme.

„Denver Clan“ in Oggersheim

Oppau verteidigte seine Grenze; es war gezwungen, gegen die Stadt beim kurpfälzischen Hofgericht und Oberappellationsgericht unaufhörliche Prozesse zu führen und wurde auch schließlich stets auf Grund des (1441) Teilungsvertrages durch konfirmatorische Urteile in seinen Eigentumsrechten belassen. Durch Beamtenwillkür wurde Oppau der beste Teil seiner Melmwiesen, 64 große Morgen (102 jetzige Morgen nahe bei der Stadt „auf unerlaubte Weise abgerungen“.

Intrigen im Namen des Pfalzgrafes

Laut Kreuter, Geschichte der Stadt Oggersheim, suchte der Geheimsekretär des in Oggersheim wohnenden Pfalzgrafen Joseph Karl Emanuel, der geheime Rat Cramer von Clausbruck, seine Besitzungen daselbst rücksichtslos zu vergrößern und war besonders erpicht auf ein Oppauer Melmstück im „Gescheid“, das seinem Landgut so nahe lag, daß man mit einem Stein aus seinem Garten dahin werfen konnte.

Er ließ Schultheiß und Schöffen von Oppau am 18. Mai 1729 nach Oggersheim kommen – der Pfalzgraf war „zufällig“ nicht anwesend – und eröffnete ihnen, daß der Pfalzgraf die genannten Wiesen haben möchte. „Dem Herrn Pfalzgraf zu untertänigsten Ehren, dem voraussichtlichen Erben der kurpfälzischen Lande, wollten die Oppauer das Wiesenstück auf hundert Jahre gegen eine beliebige Ergötzlichkeit überlassen.“

Der Geheimrat bedeutete ihnen, „es sei schimpflich, daß ein Herr von einem Bauern ein Gut in Bestand nehme, es müsse einmal sein, der Pfalzgraf wolle es haben.“ Hierauf verlangten sie tausend Reichstaler und erklärten sich schließlich auf Zureden auch mit eintausendzweihundert Gulden einverstanden. Nach Ausfertigung des Kaufbriefes sollten sie wieder kommen.

Täuschung mit Kaufbrief

Als sie wieder kamen, fanden sie den Kaufbrief auf eintausend Gulden festgesetzt und auf den Geheimen Rat als Käufer eingerichtet. Da es zuvor beständig geheißen, der Pfalzgraf sei der Käufer, weigerten sie sich zu unterschreiben, worauf sie hören mußten, daß sie „schelmgrobe Bauern, Flegel und dergleichen wären.“

Nach Oppau zurückgekehrt, wurden sie anderen Sinnes, sie befürchteten den Verlust der ganzen Melmwiesen. Ohnedies vermuteten sie in Cramer von Clausbruck den zukünftigen ersten kurpfälzischen Minister, „dem jedermann alles zu Gefallen tat“.

Aus Furcht unterschrieben

Sie ließen sämtliche Gemeindebürger zusammenkommen; die meisten waren gegen den Verkauf. Weil aber Schultheis und Schöffen vorbrachten, daß bei Verweigerung der Unterschrift “ der eine oder andere nach Mannheim zum Schanzen geführt werden dürfte, wurde ihnen eine solche Furcht eingejagt, daß alle zum unterschreiben sich endlich bequemten“.

Geheimrats-Witwe verkauft den Melm an Oggersheim

Im Jahre 1737 verkaufte die Witwe des Geheimrates das erpreßte Gelände an die Gemeinde Oggersheim um 3500 Gulden. Ein neuer Streit zwischen Oppau und Oggersheim entbrannte. Die Oppauer verlangten als ehemalige rechtmäßige Eigentümer die Ablösung, sie seien zum Verkauf gezwungen worden und die Geheimrätin habe ihnen die Zusage gemacht, daß sie die ersten seien im Falle eines Verkaufs. (unter Berufung auf die Abtmütze in ihrem Gerichtssiegel behaupteten sie sogar – mit Unrecht – ihre Vorfahren seien abteiliche Untertanen von Schönau gewesen und hätten den Melm gemeinschaftlich in Erbbestand erhalten.)

Annullierung des Verkaufes

Hofgerichtsentscheidungen von 1740 und 1746 annullierten endlich den Verkauf, gaben Oppau das verlorenen Gebiet wieder zurück und warnten die Oggersheimer bei schweren Strafandrohungen vor weiteren Antastungen von Recht und Urteil.

„Denver Clan“ Teil 2

Auch andere adeligen Großgrundbesitzer, als Käufer des oberen und niederen Hombusches, Rechtsnachfolger des Ritters Hund von Saulheim und der Stadt Oggersheim, nämlich der Herr von Bakke, der Kanzler von Hallberg und der Prinz Friedrich zu Pfalz-Zweibrücken, versuchten auf ähnliche Weise Gemeindegelände gegen bares Geld oder durch Tausch zu erwerben, um ihren Besitz abzurunden.

Mutiger Schultheis Klötz

Die damaligen Dorfväter, besonders Schultheis Klötz, waren aber keine feigen und feilen Seelen, sie wehrten sich fürsorglich, tapfer und erfolgreich gegen das drängende Ansinnen, da sie den mühsam erkämpften Lebensraum der anwachsenden Bevölkerung erhalten wollten und die Gemeinde laut Weistum im ganzen Hombusch schon weidberechtigt war und durch das angebotene Äquivalent nur bekommen hätte, was ihr schon gehörte.

Kurze Friedenpause

Die alten Melms-Fehden fanden mit der Bevölkerungszunahme leidenschaftliche Fortsetzung. Die Friedenspausen, durch eine gemeinsame Zecherei der Streithähne besiegelt, waren nur von kurzer Dauer.

Alle Gemeinderechnungen jener Zeit enthalten Hinweise auf den Konflikt. Der jährliche Melm- oder Elmzins von vierzehn Goldgulden, nun mit achtundzwanzig gewöhnlichen Gulden und fünfundfünfzig Kreuzern berechnet, wurde von den eingesessenen Viehzüchtern mit je zweiundzwanzig bis fünfundvierzig Kreuzern nach der jeweiligen Interessentenzahl erhoben und gewöhnlich mit peinlicher Gewissenhaftigkeit vor dem drohenden Verfallstermin von dem Dorfmeister oder Bürgermeister persönlich nach Oggersheim oder an den Schönauer Meierhof in Worms abgeliefert.

Dienstreisen „des Melms wegen“

Die Ortsvorstände notierten als Vertreter der Gemeinde, als Kläger oder Verteidiger, alljährlich ansehnliche Diäten für ihre Melm-Dienstreisen an die Regierungsstellen zu Oggersheimn, Neustadt, Heidelberg beziehungsweise Mannheim. Ein langjähriger Advokat der Gemeinde, der Lizentiat Walter aus Mannheim, bezog ebenfalls manchen fetten Brocken aus diesen ewigen, kostspieligen Prozessen und hinterließ in den hiesigen Kneipen zahlreiche Zehrungszettel „des Melms wegen“.

Mißachtung aller Urteile

Nach wie vor „ruinierten die Oggersheimer durch tägliches Grasen und Viehhüten“ die Oppauer Wiesen auf dem Gescheid und auf den Langen Bänken, rissen sogar die Grenzsteine aus, verhöhnten die Geschädigten und mißachteten alle Abmachungen und richterlichen Endurteile. Schlägereien auf den Melmwiesen blieben an der Tagesordnung. Jede Gemeinde bildete eine Schutz- und Trutzgemeinschaft, alle standen für einen und einer für alle.

Prügel und Branntwein

Als einmal eines Morgens die Oggersheimer vier Mann Wiesenhüter aus Oppau vertrieben, erschienen diese nachmittags mit Verstärkung wieder und verprügelten alle Oggersheimer, die sie auf dem Spannungsfeld und seiner Umgebung erwischen konnten. Auf ihrem Heimweg schleppten sie Konrad Blümbott, einen ihrer Mitstreiter, als Verwundeten mit und reichten ihm zu Hause auf Gemeindekonto Branntwein

zum Schmieren und zum Trinken.

Dem Dieter Gries, dem im Einzelkampfe der linke Arm schier ganz entzweigeschlagen wurde, so daß er in der Erntezeit keinen Streich schaffen konnte, versüßten seine Genossen die Qualen des langen Heilungsprozesses mit reichlichen Weinspenden.
Die Verletzungen werden immer grausamer

1736 klagten die Oppauer aufs äußerste über violante tägliche und nächtliche Eingriffe auf ihren Melm. Weil das beständige Grasrauben nicht aufhörte und gütliches Ermahnen und erlaubtes Pfänden nichts nutzte, schickten sie etliche aus ihrer Gemeinde hinaus, um die Diebe zu verjagen. Diese Abgesandten stießen aber unerwartet auf eine starke Oggersheimer Abwehr. In dem entstandenen Streit wurden ihre Mitbürger Jakob Winkler und Heinrich Klötz grausam verwundet und der Chirurg Jakob Hage aus Mutterstadt bezeichnete für ihre Wiederherstellung neuneinhalb Gulden.

Die Gemeinde gab an, „diese armen, fast totgeschlagenen, längere Zeit bettlägerischen Untertanen nach und nach (wie alle in dem lokalpatriotischen Kampf Verletzte) je zwölf Maß Wein zu vierundzwanzig Kreuzer [aufgewendet zu haben] „. In diesem Falle wurden aber die Oppauer vor Gericht als Schuldige und Agressoren erkannt, sie mußten nicht bloß die herrschaftliche Strafe von zehn Gulden, sondern auch alle Gerichts-, Kommissions-, Kur- und andere Kosten bezahlen. Ihre vielfältigen Proteste gegen den „unerwarteten Ausspruch“ fanden kein Gehör.

Belohnung in Branntwein

Im Juli 1740 überraschten die Oppauer Schützen nachts wiederholt die Oggersheimer Hirten mit den völligen Viehherden auf dem Oppauer Melm im Gras. „Sie hatten die Grenzhecken aufgerissen und erklärten, sie hätten auf ausdrücklichen Befehl ihrer Ratsherren so gehandelt, die ihnen für die glückliche Ausführung des Auftrags eine Belohnung in Branntwein versprochen hätten. Die Oppauer Rächer pfändeten darauf einige Pferde und führten einen Hirten mit in das Oppauer Gewahrsam.

Der Oppauer Feldhüter Adam Berry pfändete 1744 die Schürzen ertappter Frevlerinnen und gab sie nur gegen Erlegung von 10 Kreuzern per Stück wieder zurück.

Husaren erwingen den Feiertagsfrieden

Auf Pfingsten 1778 erschienen auf oberamtlichen Befehl (laut Oberschultheißischem Protokoll!) unvermutet zwanzig Husaren auf der Haderwiese, um wenigstens den Feiertagsfrieden zu sichern. Die überraschte Schar johlender, rauflustiger Männer und Frauen stob nach allen Richtungen auseinander, um sich vor der drohenden Verbringung ins Zuchthaus oder der Eintürmung in Marientraut zu retten.

Pfändungsrechte

Nach dem alten Pfändungsrechte war der Geschädigte befugt, das schadende Tier zu ergreifen und solange zu behalten, bis der Eigentümer desselben Schaden und Fütterung ersetzt hatte. Infolge neuerer Verträge waren aber die Oppauer verpflichtet, das überlaufende Vieh nicht wie früher nach Oppau, sondern nach Oggersheim einzutreiben in eine offenen Herberge als einen zur Aufbewahrung des gepfändeten Viehes bestimmten Ort.

Wie aber die Oppauer vertragswidrig pfändeten und ahndeten, illustriert ein Dokument vom 6. Juni 1777 (St.A.Sp. Hofk. A. 272):

Verzeichnis der Oggersheimer Beschwerden gegen die Oppauer

  1. Christian Gruber ist 1740 von den Oppauern im großen Loch wegen Grasens hinweggenommen, nach Oppau geführt und drei Tage in die Betzenkammer gesteckt worden und für dessen Lediglassung hat seine Mutter drei Gulden zahlen müssen.
  2. Verwitwete Sattlerin Lotzin ist im Jahre 1750 wegen Grasens von den Oppauern entkleidet und die Kleider mit nach Oppau genommen worden.
  3. Dem Georg Karch, gewesenen Pferdehirten dahier, haben die Oppauer 1762 zehn auf ihren Anteil hinübergelaufene Pferde aufgefangen, in ihr Dorf geführt, zwei Tage aufbehalten und erst auf höheren Befehl losgelassen.
  4. Jakob Karcher und Sebastian Seelinger sind Anno 1752 wegen Grasens hinweg und nach Oppau geführt, drei Tage und Nächte eingesteckt, endlich auf Befehl losgelassen worden, haben aber jeder fünfzehn Kreuzer zahlen müssen.
  5. Anton Artzenberger hat des Stadtschreibers Babo Magd, welche wegen Grasens nach Oppau geführt und eingesteckt worden, allda volente abgelangt und das Schloß an der Betzenkammer abschlagen müssen.
  6. Jakob Mees und Karl Adam Biffart sagen aus, daß Anno 1772 gegen neun oder zehn Stück Vieh von denen Oppauern gepfändet, dahingeführt, auch über Nacht behalten worden seien; sofort hätten sie vor die Auslösung per Stück zwölf Kreuzer zahlen müssen, welches die Oppauer versoffen hätten.
  7. Jakob Probst, lediger Bursch dahier, ist im verflossenen Jahr 1776 wegen Grasens gen Oppau zu bis über den Wald geschleppt worden, sofort mit Schlägen mißhandelt, ein Strick an die Beine gebunden und hiermit auf die mutwilligste Art hin- und hergezogen worden; hiernach hätten sie ihn entlassen, worauf er sechs Wochen krank gelegen.
  8. Anno 1776, am 28. Juni haben die Oppauer wegen Grasens in dem Melm eine Magd von hier abgepfändet, mit nach Oppau geführt und über Nacht behalten.

Franzosenzeit

„Nach der Errichtung der republikanischen Gewalt“ (1798) glaubten die Bürger der Gemeinde Oppau, durch einen falschen Begriff der wieder erungenen Freiheit irregeführt, von den Verpflichtungen gegen Oggersheim entbunden zu sein, zahlten keinen Afterzins mehr und maßten sich das Eigentum der Wiesen völlig an.

Nun mit Waffengewalt

Mit bewaffneter Hand wollten sie sich auch gegen die Oggersheimer in Besitz und Genuß der Fischerei und des Graswuchses am Kanal einsetzen, den die alte Regierung zur Belustigung der Kurfürstin in den Oppauer Wiesen hatte graben lassen. Bei dieser Gelegenheit lief der Kommissar der vollziehenden Gewalt Gefahr, unter diesen durch ihren Agenten unterstützten hitzigen Köpfen sein Leben zu verlieren.

Der Verwalter des Departements Donnersberg erklärte aber, daß die Republik nunmehr in die Rechte des pfälzischen Landesherren eingetreten sei und sich weder von Oppau noch von Oggersheim im Besitz und Genuß des Kanals stören lasse und daß die Melmsrechte wie bisher gehandhabt werden sollten.

Neue Tricks mit der Grundsteuer.

Als die vorher steuerfreien Gemeindegüter in der Franzosenzeit zur Grundsteuer herangezogen wurden, belegte die Gemeinde Oggersheim (nach Kreuters Chronik) den Oppauer Anteil am Melm  als angeblich zur Oggersheimer Gemarkung gehörig mit Grundsteuer.

Endlich dauerhafter Friede!

Abermals kam es wieder zu weitläufigen Verhandlungen, bis sich endlich beide Gemeinden am 9. November 1807 zu einem glücklichen Vergleiche herbeiließen, um „den ewigen Zwistigkeiten auf einmal und auf immer ein Ende zu machen“. Die Banngrenze wurde endgültig festgesetzt. Oggersheim entsagte allen Ansprüchen auf den Oppauer Melmanteil. Oppau trat an Oggersheim die gemeindeeigene Posthalterwiese, sowie 8,86 Hektar der Langebänk, vom Kanal, wo die Langebänk auf die Posthalterwiese stoßen, anfangend und so in gerader Linie auf den Oggersheimer Brückelgraben ziehend, als immerwährendes Eigentum ab.

Da die Stadt Oggersheim den Erbpacht vom ganzen Melm von der französischen Regierung losgekauft hatte, mußte Oppau seinen Anteil mit 747,77 Franken an Oggersheim zahlen, ebenso den rückständigen Pacht entrichten. Gemeinschaftlich wurde auf der Gemarkungsgrenze vertragsgemäß ein zehn Schuh breiter und fünf Schuh tiefer Graben ausgehoben. Die Fischereipacht sollte gemeinsam vergeben werden und jede Gemeinde die Hälfte des Erlöses erhalten.

Sanktioniert von Kaiser Napoleon und der Bayerischen Regierung

Diese Bestimmungen über die Gemarkungsgrenze fanden durch Dekret des Kaisers Napoleon am 15. Mai 1813 ihre Sanktionierung und auch die Bayerische Regierung bestätigte am 1. März 1820 den endgültigen Friedensschluß zwischen beiden Gemeinden.