Edigheim – Uns erreichen immer wieder Anfragen nach dem aktuellen Stand der Bürgerinitiative Kranichstrasse. Die Initiative gegen den Standort des geplanten Flüchtlingswohnheimes. Da die Fragen nicht weniger werden, haben wir uns mit den drei Verantwortlichen getroffen und sie über den Stand der Bürgerinitiative Kranichstrasse befragt.

UPDATE 17.10.2015

Die Sprecher der Bürgerinitiative Kranichstraße teilen mit:
Die OB Lohse hat uns inzwischen den Termin für ein Treffen bestätigt.
Am 28.10.2015 Nachmittags 15:30 Uhr sind wir zur OB eingeladen.

 

Viele im Norden Ludwigshafens kennen inzwischen die Bürgerinitiative Kranichstraße, die  sich gegen den geplanten Bau zweier Häuser für Asylbewerber und Flüchtlinge in Edigheim richtet. Während  des Bürgerforums in Edigheim am 15. Juli, welches die Stadtverwaltung Ludwigshafen initiierte, fiel ein Mann ganz besonders auf, Andreas Röber, Rechtsanwalt und direkt Betroffener des Bauprojektes. Er war offensichtlich gut vorbereitet und trug seine Fragen in Ruhe vor. Andere waren an diesem frühen Abend nicht so beherrscht.

Die Gründung der Bürgerinitiative Kranichstrasse

Günther Saladin, Frank Bauer und Andreas Röber (v.l.)
Günther Saladin, Frank Bauer und Andreas Röber (v.l.)

Drei Personen haben die Bürgerinitiative Kranichstrasse gegründet und befinden sich nun in einem seltsamen Kampf gegen die Ludwigshafener Behörden. Der Erste ist Günter Saladin, der zweite Frank Bauer und der bereits bekannte Andreas Röber.

Alle Drei wohnen direkt an der geplanten Baustelle und sind somit Betroffene. Saladin der Pensionär, Bauer der zielgerichtete Unternehmer und Röber der sachliche Rechtsanwalt. Sie alle vereint der Kampf gegen dieses Bauvorhaben.

Dennoch ist es ein seltsamer Kampf. Was die Bürgerinitiative Kranichstrasse auch unternimmt – die Gegenseite seitens der Stadtverwaltung in Ludwigshafen, ignoriert sämtliche Versuche mit den Bürgern in einen Dialog einzutreten.

Es hat den Anschein, als wolle man die Bürgerinitiative Kranichstrasse und deren Anliegen toschweigen und aus der öffentlichen Diskussion heraushalten. Das Vorhaben der Initiative passt vermutlich nicht ins derzeitige politisch erwünschte Weltbild.

Die Geschichte ist gespickt mit Ablehnung durch der Stadtverwaltung bis hin zur OB Dr. Eva Lohse. Worüber bspw. alle vor Ort den Kopf schütteln ist die Behauptung der Gegenseite das Gebiet wäre eine Insellage und hätte keine Nachbarschaft.

Doch wenden wir uns zunächst der Bürgerinitiative Kranichstrasse zu.

Die Gebetsmühle läuft

Was während des ganzen Gespräches immer wieder auffällt, ist das gebetsmühlenartige Wiederholen des immer gleichen Satzes durch jeden Vertreter der Bürgerinitiative Kranichstrasse:

Wir sind nicht rechts. Wir haben nichts gegen Asylbewerber. Wir sind gegen Gewalt.

Wir in der Redaktion fragen uns:
Ist unsere Demokratie an einem Punkt angelangt, an dem nur noch gesagt werden darf, was einem offiziell verhängten und durch die Medien vorgekauten Konsens entspricht?
Die Väter unseres Grundgesetzes definierten einst die Meinungsfreiheit völlig gegensätzlich. Demokratie heißt Meinungsvielfalt. Demokratie heißt auch Dialog.

Die Bürgerinitiative Kranichstrasse und der harte Kern

Die Bürgerinitiative besteht im Kern aus 25 aktiven Personen. Von Anfang an wollten die Initiatoren eine kleine, schlagkräftige Truppe bilden. Inzwischen ist der Rückhalt und die Zustimmung in der Bevölkerung immens gewachsen.

Zunächst sahen wir es als unsere vordringlichste Aufgabe an, Meinungen einzuholen und Unterschriften zu sammeln, so Saladin.

Fast 1900 Unterschriften

Frank Bauer mit fast 1900 Unterschriften
Beeindruckend: Frank Bauer mit fast 1900 Unterschriften

Wir haben bisher knapp 1900 Unterschriften gesammelt. Die Forderung auf der Liste lautet:
Wir sind gegen den Bau der Wohnheime an dieser Stelle und wir fordern die Stadtverwaltung auf, dem Wunsch so vieler Bürger nachzugeben und gemeinsam Vorschläge zu einem alternativen Standort zu erarbeiten. Wir haben die Unterschriftenaktion eingestellt. Dennoch

bekommen wir regelmässig Unterschriften von Unterstützern hinzu.

Der Ordner mit allen bisher gesammelten Unterschriften ist beeindruckend. Dennoch ignorieren die Verantwortlichen bei der Stadt das Bürgerbegehren beharrlich.

Ein Asylbewerberwohnheim vor mehr als 20 Jahren

Es findet aktuell kein Dialog statt. Wir werden gezielt ignoriert. Schreiben mit Fragen werden nicht oder nur mit Standard-Antworten erwidert, so Röber deutlich.

Und Saladin ergänzt:

Ich habe die OB persönlich vor der Stadtratssitzung schriftlich informiert, dass vor ca. 20 Jahren genau an diesem Standort eine Flüchtlingsunterkunft geplant war. Diese Unterkunft wurde damals von einer Bürgerinitiative, an der ich auch mitgewirkt hatte verhindert. OB Schulte lies sich damals von ca. 1000 Unterschriften ebenfalls besorgter Bürger  umstimmen. Gemeinsam fand man dann einen geeigneteren Platz. Ich habe bis heute keine Antwort von der OB. Auf Nachfrage im OB Büro hiess es, dass die OB unser Schreiben zur Kenntnis genommen habe.

Der fehlende Dialog ist umso verwunderlicher hält man sich vor Augen, dass hinter der Bürgerinitiative Kranichstrasse grosse Teile der Bevölkerung in Edigheim und im gesamten Ortsbezirk stehen. Diese direkt oder indirekt Betroffenen tragen die Forderungen mit.

Es war nie die Rede, dass wir gegen Flüchtlinge sind. Uns geht es ausschließlich um den Standort, so Saladin weiter.

Unser vordringliches Ziel ist, der Dialog mit der Stadtverwaltung und das Finden eines alternativen Standortes. Unsere Forderungen haben wir in aller Ausführlichkeit der Stadtverwaltung und der OB vorgelegt, so Röber.

Ortsvorsteher Udo Scheuermann hat sich nach seiner Aussage in der letzten Ortsbeiratssitzung unsere Vorschläge über die Stadtverwaltung besorgt. Auch er hat offensichtlich kein Ergebnis erhalten. Also auch hier ganz klar zumindest in der Öffentlichkeitsdarstellung keine Dialogbereitschaft erkennbar.

Wir würden es akzeptieren, wenn man von Seiten der Verwaltung erklären könnte, warum ,unsere Vorschläge möglicherweise nicht geeignet sind, führt Röber aus.

Einsehbare Gründe wären wir bereit zu akzeptieren, doch das Einzige was wir hörten war:
Ihr könnt Euch darauf verlassen dass wir alles geprüft haben. Das ist alles was uns bisher mitgeteilt wurde, so Röber weiter.

Das haben wir auch schriftlich. Die OB hat uns einmal geantwortet. In diesem Schreiben ist sie mit keinem Wort auf unsere Vorschläge eingegangen. Es hieß nur, dass wir uns auf eine Prüfung, die stattgefunden hätte, verlassen können. Tatsächlich wurde keine einzige Frage beantwortet, so Saladin.

Das einzige Angebot, das es momentan in Richtung Asylbewerberwohnheime gibt, ist ein von Udo Scheuermann initiierter runder Tisch. Doch bei diesem runden Tisch geht es nicht um den Standort. Er setzt vielmehr voraus, dass der Standort so ist, wie jetzt geplant. Hier geht es meiner Ansicht nach mehr um die Themen, wie begrüßen wir die Flüchtlinge und wie gestalten wir das Willkommen.

Ähnlich sehe ich auch eine nunmehr erfolgte Einladung der OB. Ich befürchte, in dem Gespräch wird es wohl eher darum gehen uns von der Bürgerinitiative Kranichstrasse endlich ruhig zu bekommen, damit wir den Mund halten, so Röber.

Eine Information aus gut unterrichteten Kreisen

Ich kenne eine Stellungnahme aus der Stadtverwaltung in Ludwigshafen in der es heißt:
Egal was die Bürgerinitiative Kranichstrasse vorschlägt – Die Stadt wird dagegen sein. Diese Aussage wurde mir gegenüber gemacht, erzählt Röber

Überhaupt scheint es, dass die Verantwortlichen der Bürgerinitiative Kranichstrasse sehr gut über die Vorgänge und dem seltsamen Ablehnungstreiben der Verwaltung informiert sind. Offensichtlich sind nicht alle Beteiligten einverstanden, wie die Stadt Ludwigshafen mit Ihren Bürgern in diesem Fall verfährt.

Dann wird Röber sehr deutlich: „Wir hatten uns überlegt, eine Demonstration zu organisieren. Doch alleine aus Haftungsgründen haben wir diesen Gedanken wieder verworfen. Es ist inzwischen schlimm für unsere Gesellschaft, dass man zum Thema Flüchtlinge ureigene Rechte auf Meinungsfreiheit und Demonstrationsfreiheit nicht mehr wahrnehmen kann.“ „Die Haftungsfrage lässt sich nicht ausschließen, weil wir eine solche Veranstaltung nicht kontrollieren können,“ sagt Röber. „Es wäre zu erwarten, dass wir hier mit gewaltbereiten linken und rechten Radikalen konfrontiert würden.“

Die weiteren Aktionen der Bürgerinitiative Kranichstrasse

Wir führen als nächstes eine Flugblattaktion durch. Auf diesem Flugblatt haben wir alle wichtigen Punkte nochmals zusammengefasst. Dann besitzen wir einen Anhänger auf dem wir das Plakat montiert haben.
Darauf können alle Interessierten den geplanten Standort von oben im Zusammenhang sehen. Wir wollen dieses Plakat an verschiedene Plätze im Ortsbezirk abstellen. Denn immer noch wissen viele nicht wo der geplante Standort sich befindet. Und wir wollen damit auch Druck machen, dass endlich unsere Anfragen beantwortet werden, so Röber.

Unsere Vorschläge müssen nicht angenommen werden. Wir fordern trotzdem einen vernünftigen Dialog mit uns. Immerhin stehen fast 1900 Menschen mit einem Bekenntnis gegen diesen Standort hinter uns. Wenn die Stadtverwaltung andere Vorschläge macht, sind wir selbstverständlich offen für Gespräche. Es kann doch aber nicht sein, dass eine solche Massenunterkunft direkt in ein dicht besiedeltes Wohngebiet gebaut wird. Da sind doch Konflikte vorprogrammiert, so Saladin.

Massenunterkunft oder Wohnheim?

Das Plakat der Bürgerinitiative Kranichstrasse
Das Plakat der Bürgerinitiative Kranichstrasse

Auf den Hinweis, dass der geplante Bau nicht als Massenunterkunft bezeichnet wird, sagt Saladin

Für mich ist das eine Massenunterkunft. Überall, wo Menschen so dicht zusammengepfercht werden, ist das kein normaler Wohnraum mehr für mich. (geplant sind 2 Häuser mit je 54 Bewohnern zusammen also 108 Personen am Standort – die Red.)

Und das ist der Trick dabei: Dadurch dass es nicht als Massenunterkunft gilt, wird keine Security, keine Betreuung und kein Hausmeister vor Ort sein. Bei der Stadt ist dafür eine Person zuständig. Und nur, weil man das umdefiniert als Wohnungen, glaubt man das Alles nicht machen zu müssen, so Saladin empört.

Die weitreichenden Folgen für die Initiatoren der Bürgerinitiative Kranichstrasse

Fragt man bei den beiden Selbständigen im Team nach, Gas-Wasser-Installateur Bauer und Rechtsanwalt Röber wird es ziemlich undemokratisch und finster. Auf die Frage ob das Engagement bereits Folgen hatte sagt Bauer:

Mir wurden Aufträge mit einem klaren Hinweis auf die Aktivitäten der Bürgerinitiative Kranichstrasse entzogen. Ich habe dadurch finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Und Rechtsanwalt Röber wurde gedroht, dass möglicherweise Mandate entzogen werden.
Dazu Bauer unmissverständlich als kämpferischer Handwerker:
Ich gehe von der Position nicht runter. Ich höre nicht auf zu kämpfen. Ich stehe zu meinem Wort. Ich ziehe nicht zurück.

Unverständnis bei Röber
Ich verstehe die Stadtverwaltung nicht. Es sollte doch im Interesse der Stadt sein, mit Menschen, die sich auf demokratischem Boden bewegen, in Dialog zu treten. Denn eine solche Haltung gibt doch radikalen Gedankengängen erst eine Plattform und Raum.

Auch Saladin sagt
Hier könnte die OB doch Größe zeigen und sagen, dass sie mit uns gemeinsam über die Angelegenheit diskutieren will, anstatt alles zu bestimmen und dann die betroffenen Bürger mit einer solchen Entscheidung vor den Kopf zu stoßen.

Bauer weist am Schluss noch daraufhin:

Ein direkter Nachbar hat bereits frühzeitig sein Haus verkauft und wird wegziehen.

Saladin fügt an:

Wir haben unser Haus vor 35 Jahren gekauft. Wir haben jahrzehntelang bezahlt. Ich habe große Teile der Altersversorgung in dieses Haus investiert, für einen ruhigen Lebensabend zusammen mit meiner Frau. Wenn wir das Haus aus gesundheitlichen Gründen verkaufen müssen, weil wir bspw. nicht mehr so mobil sind wie in früheren Jahren, bekommen wir für eine Immobilie dieser Wertigkeit und in dieser Lage niemals mehr einen angemessenen Preis. Ob sich überhaupt noch Käufer finden, ist die Frage. Damit ist für uns ein Verlust im sechsstelligen Bereich zu erwarten.

Soweit der aktuelle Stand der Bürgerinitiative Kranichstrasse. Wir bleiben selbstverständlich an dem Thema dran.