Zentralveranstaltung zum Volkstrauertag 2017

Liederkranz Oppau unter der Leitung von Teresa Wojik.

Der Ortsbezirk Oppau veranstaltete am 19.11.2017 die Zentralveranstaltung für Oppau, Edigheim und die Pfingstweide.

VdK, ARGE Oppau und die ARGE Edigheim hatten gemeinsam in die Auferstehungskirche Oppau eingeladen um den Volkstrauertag miteinander zu begehen. Der Liederkranz Oppau unter der Leitung von Petra Reith umrahmte die Gedenkstunde mit feierlichem Chorgesang. Die Schüler des Wilhelm von Humboldt Gymnasiums unter der Leitung von Lavinia Kuthe und Christian Petri-Töppe brachten nachdenkliches mit ihren Gedanken zu „Gewalt erzeugt Gegengewalt“ in die Feierstunde mit ein. Gemeindereferentin Christine Werkmann-Mungai hielt eine kurze Ansprache für die katholische Kirchengemeinde. Ortsvorsteher Udo Scheuermann hielt die Festrede.

Hier der Redetext:

Sehr geehrte Damen und Herren,

an diesem heutigen Volkstrauertag versammeln sich wieder zahlreiche Menschen auf den Friedhöfen, Kriegerdenkmale oder anderen Gedenkstätten, um an die Menschen, die im Krieg und durch Gewaltherrschaft starben, zu erinnern. Für diejenigen unter uns, die selbst noch Angehörige im Krieg verloren haben, ist dieser Tag wichtig. Sie denken an Menschen die ihnen nahe standen oder aus Erzählungen von dieser Zeit uns an deren Schicksal teilnehmen lassen.

Bei den Vorbereitungen auf den heutigen Tag habe ich mich jedoch gefragt: Was wäre, wenn heute der VdK Oppau und die Arbeitsgemeinschaften der Vereine nicht eingeladen hätten, oder der Volkstrauertag schon gar nicht mehr im Kalender stehen würde?

Es wäre kein guter Tag für eine immer noch notwendige Erinnerungskultur. Doch für die jüngeren Deutschen rückt der Volkstrauertag immer weiter in die Ferne. Trauer verstehen wir ja zunächst als etwas Persönliches. Wir sind traurig und können mitfühlen, wenn wir uns nahestehende Personen verlieren.

Die Jüngeren aber haben die Menschen, die durch Krieg und Gewaltherrschaft gestorben sind, nicht mehr gekannt. Um wen und warum sollten sie heute trauern? Und was bedeutet denn eigentlich Volkstrauertag? Ist die Trauer an diesem Tag darauf beschränkt, um an die Angehörigen,  Freunde und Bekannten zu denken? Nein dies kann nicht sein, wenn wir vom Volk sprechen. Trauer kann man nicht verordnen.

So ist der Volkstrauertag kein Tag der Staatstrauer, er ist ein Tag der gemeinsamen Trauer. Deshalb braucht es für diesen Tag keiner direkten Verwandtschaft mit denen, die gestorben sind. Dieser Tag in Deutschland erinnert uns an das Leid und an den Tod der Menschen, die im 1. Weltkrieg oder zweiten Weltkrieg ihr Leben lassen mussten. Er innert uns auch daran, wie Menschen in der Nazidiktatur so grausam behandelt wurden. Wenn wir uns die Zahlen der Toten in Erinnerung rufen, so kann man leicht erkennen, was Menschen, Menschen antun können.

  • 55 Millionen Menschen starben durch den Zweiten Weltkrieg, darunter allein 27 Millionen Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion.
  • Dieser unsinnige Krieg hinterließ weltweit Leid und Zerstörung.
  • Insgesamt 6 Millionen Juden und Jüdinnen aus ganz Europa wurden von den Nazis ermordet.
  • 5,3 Millionen deutsche Soldaten und 1,75 Millionen deutsche Zivilisten starben.
  • 6 Millionen Polen starben im Krieg, sie kamen während der deutschen Besatzung um oder wurden ermordet.
  • 200 000 Sinti und Roma, 300 000 körperlich oder psychisch Kranke wurden ermordet.

Eine Bilanz des Schreckens, die uns heute noch erschauern lässt. Erst wenn wir uns bewusst machen, dass hinter diesen Zahlen einzelne Menschen und Schicksale stehen, beginnen wir den Verlust zu fühlen und zu begreifen.

Sicherlich kann ein solcher Gedenktag die Einstellung zu diesem Volkstrauertag und schon gar nicht die Welt verändern. Er trägt aber dazu bei, unsere Sicht auf die Vergangenheit und unsere Deutung der Gegenwart zu beeinflussen. Insofern hat dieser Tag einen tiefen Sinn – ja seine Berechtigung. Wenn sich die Menschheit diese schrecklichen Ereignisse in Erinnerung ruft, sollte man eigentlich annehmen, dass man aus diesem Unheil lernt.

Leider zeigt uns die Gegenwart allzu deutlich, wie bedroht unser Friede und unser Wohlstand ist. Tag täglich können wir in den Medien verfolgen, dass noch immer Hass, Krieg, Zerstörung, Menschenverachtung und Terrorismus verbreitet ist. Es sind die Machtbesessenen in der Politik in der Religion und in der Wirtschaft die nichts dazu gelernt haben. So lange noch Menschen glauben, politische, wirtschaftliche, ethnische oder religiöse Konflikte mit Waffengewalt lösen zu müssen, so lange muss die Arbeit für den Frieden weitergehen.

Es sind aber auch die Menschen in unserem Volk, die sich nicht an den Werten unserer Gesellschaft orientieren. Die sich egoistisch verhalten, die Gewalttätig sind, die Rassenhass schüren und unseren Rechtsstaat nicht anerkennen. Gerade in einer Zeit, in der Menschen aus ihrer Heimat wegen Krieg und Verfolgung auf der Flucht sind, sollte uns dies doch zu bedenken geben, dass wieder Vieles falsch gemacht wird. Sicherlich können wir das Problem der Zuwanderung in Europa nicht alleine lösen. Wir müssen aber auch Verständnis haben, wenn Menschen wegen einer besseren Zukunft und vor allem wegen Krieg in ihrem Land, auf der Flucht sind. Vor allem müssen wir Verständnis aufbringen, wenn Frauen, Männer und Kinder Hilfe suchen, die in ihrem Land bedroht sind oder aus Angst vor dem Krieg fliehen.

Wir in Deutschland waren auch einmal glücklich, wenn unsere Kinder und Frauen oder Männer die durch Nazi-Diktatur verfolgt wurden, Schutz im Ausland fanden. Da müssen wir uns schon fragen warum dies so ist. Sind wir da auch mitschuldig? Ich denke ja. Denn seit Jahrzehnten werden die Menschen in diesen unstabilen Ländern alleine gelassen. Die reichen Industriestaaten sind nur zum eigenen Nutzen dort tätig. Sie nutzen die Menschen in diesen Staaten aus und lassen ihnen keinen Spielraum, um sich dort selbst zu entwickeln.

Wir beklagen zwar die Kriege die dort herrschen, liefern aber kräftig Waffen dorthin, um daran zu verdienen. Dies ist die eine Seite dieser schlimmen Entwicklung. Die andere Seite ist, dass in vielen Staaten totalitäre Regierungen an der Macht sind. Sie sind korrupt, sie terrorisieren und ermorden ihre Bürger und arbeiten in ihre eigene Tasche. Es ist dringend notwendig, diese machtbesessenen Politiker nicht zu umschmeicheln, sondern offen und ehrlich sagen, was man von ihrer Politik hält.

Es muss eine andere Entwicklungspolitik eingeleitet werden. Das Geld das dorthin fließt, soll nicht den Machthabern überreicht werden. Es ist hilfreicher, dort konkrete Projekte zu finanzieren, wie in die Bildung, durch den Bau von Schulen. Es gilt die Landwirtschaft zu unterstützen, es gilt eine Infrastruktur aufzubauen die Arbeitsplätze schafft und es geht darum den Menschen eine Zukunft in ihrem eigenen Land zu schaffen.

Auch hier in Deutschland müssen wir für eine bessere Gesellschaft arbeiten, deshalb sind Demokratie und Freiheit ein wichtiges Gut. Wir müssen auf eine Gesellschaft hinwirken, in der jeder Achtung vor sich selbst haben kann, aber auch Respekt und Verständnis anderen Menschen entgegen bringt. Es liegt an denen die schlechte Zeiten erlebt haben, aber auch an jedem einzelnen von uns, der Jugend die in den jetzt 72 Jahren nie einen Krieg miterleben mussten, zu verdeutlichen in welch einer glücklichen Zeit sie hineingewachsen sind.

Deshalb freue ich mich darüber, dass auch in diesem Jahr wieder Schülerinnen und Schüler des Wilhelm von Humboldt Gymnasium, an der Gestaltung des Volkstrauertages mitwirken. Nur wenn wir die Jugend in der Welt überzeugen, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, blicken wir in eine sichere friedvolle Zukunft. Lassen Sie uns gemeinsam für ein menschliches Miteinander, für den sozialen Frieden, für ein Verständnis zwischen den Nationen und für Frieden und Freiheit in der Welt arbeiten. Nur so können wir dem heutigen Volkstrauertag gerecht werden.

Ich danke Ihnen allen für Ihr Kommen.

Danke Frau Christine Werkmann-Mungai für ihre Ansprache, dem Chor des Liederkranz Oppau und danke den Schülerinnen und Schülern des WHG mit ihren Lehrkräften für die Begleitung bei diesem Volkstrauertag.

Udo Scheuermann