In diesem Jahr feiert das Moderne Blasorchester Kurpfalz-Oppau (MBO) sein 10-jähriges Bestehen. Im März startete die „große Jubiläumsserie – 10 Jahre MBO“ mit den Höhepunkten der Oppauer Fasnacht. Im April widmet sich die Serie der Entwicklung des MBO-Ensembles: Für den zweiten Teil unserer großen Jubiläumsserie konnten wir Lucas Weinspach, den musikalischen Leiter des MBO-Ensembles, gewinnen, einen persönlichen Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre zu schreiben.

Gestartet als „Bläserklasse“, dann umbenannt in „Vororchester“ – seit 2019 als „MBO-Ensemble“ sind Instrumentalanfänger vom Grundschüler bis zum spätberufene Quereinsteiger gemeinsam musikalisch unterwegs. Auch der zweite Teil der Jubiläumsserie zeichnet eine bewegte Reise in die Vergangenheit und zurück in die Zukunft.
Lesen Sie im Folgenden die Chronik der „kleinen Schwester“ des MBOs seit 2011 – zusammengefasst von Lucas Weinspach:

Ein Ensemble der anderen Art – Aller Anfang ist schwer

Aller Anfang ist schwer, das lässt sich hier in doppelter Hinsicht sagen. Einerseits ist es gar nicht so einfach, diese Gruppierung zu beschreiben. Ein buntgemischter Haufen, der sich innerhalb dieser zehn Jahre mehrmals selbst neu erfunden hat. Andererseits, weil man sich kaum entscheiden kann, wo man hier überhaupt beginnen soll. Aber der Reihe nach…

2011 – Eigentlich wollte ich doch Horn unterrichten?!

Ich stand noch am Anfang meines Studiums an der Musikhochschule Mannheim und wie viele Studenten habe auch ich Möglichkeiten gesucht, um mir etwas dazuzuverdienen und Unterrichtserfahrung zu sammeln. Eine Anlaufstelle dazu war – so richtig „oldschool“ – das schwarze Brett. Da hing es: ein Spielmannszug aus Oppau sucht nach Instrumentallehrern. Ich nahm Kontakt auf und war etwas ernüchtert, denn die Stelle als Hornlehrer war leider schon vergeben. Am Telefon erfuhr ich, dass auch ein musikalischer Leiter gesucht wird, der sich um die „Bläserklasse“ des Vereins kümmern soll. Es kam zu einem Treffen aller Beteiligten und es stellte sich heraus, dass hier einiges anders war als gedacht. Eine Bläserklasse ist eigentlich eine Art lehrgangsartige Form des Klassenmusizierens. Alle Schüler einer Klasse lernen gemeinsam als Orchester ihr Instrument. Meistens geschieht dies zwischen der 3. und 6. Klasse.

Was waren nun die Voraussetzungen in Oppau? Der Spielmannszug wagte den Schritt ins Ungewisse, ein Experiment, das ich so bisher nirgendwo gesehen habe: Von 0 auf 100 wird ein sinfonisches Blasorchester gegründet, alle bisherigen Mitglieder des Spielmannszugs, die kein „klassisches“ Blasinstrument spielen, lernen es gemeinsam in der Bläserklasse, unterstützt durch Einzelunterricht oder Unterricht in Kleingruppen. Dementsprechend saß in den ersten Proben nicht etwa eine Klasse 10-jähriger Kinder vor mir, sondern eine Gruppe aus 12 Personen im Alter von etwa 15 bis 55 Jahren. Ungewöhnlich, aber sehr spannend, und die Voraussetzungen waren gut: eine ausgewogene Besetzung trotz kleiner Gruppengröße, eine Vereinsgemeinschaft mit viel Engagement, Fleiß und Zusammenhalt und eine Vorstandschaft, die immer ein offenes Ohr für Vorschläge hatte.

Mit dem Dreydl nach Hogwarts

Überspitzt könnte man sagen, dass sich das erste Jahr musikalisch vor allem durch einfache Kinderlieder wie „Mein Dreydl“ ausgezeichnet hat. Das stimmt so aber nicht. Die technischen Einschränkungen, die es zu Beginn noch gab, wurden schnell überwunden und so präsentierten wir nach etwa einem Jahr unser Können auf der Weihnachtsfeier des Vereins. Was wir erreicht hatten, konnte sich hören lassen: Von einstimmigen Stücken mit fünf verschiedenen Tönen und einer Länge von 16 Takten hin zu mehrstimmigen Weihnachtsliedern. Und es sollte so weitergehen. 2013 kam es zum ersten kleinen Highlight: Mit einer Suite aus der Filmmusik von „Harry Potter und der Feuerkelch“ hatten wir unsere erste Mitwirkung am großen Jahreskonzert des MBO. Die Besetzung war ähnlich ausgewogen wie zu Beginn des Unterfangens – auch dank einiger Aushilfen aus dem MBO. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Ursprungsbesetzung teilweise schon mehrfach verändert. Für viele Musikerinnen und Musiker war das Ensemble ein Sprungbrett ins große Orchester, einige waren aber so motiviert, dass sie jede Woche beide Proben besucht haben!

Plötzlich waren wir keine „Bläserklasse“ mehr, sondern ein richtiges Orchester. In diesem Jahr kam es beim Pfarrfest in Oppau auch zur ersten musikalischen Begegnung des „Vororchesters“ mit dem MBO, was bis heute regelmäßig geschieht und uns zu der Besetzung führte, in der wir heute spielen.

Der (Durch-)Bruch

Während das große Orchester konstant weiter wuchs, musikalisch sowie in der Anzahl der Mitspieler, blieben wir stets recht überschaubar. Am Jahreskonzert 2014 spielten wir „Great Movie Adventures“, eines der Stücke, mit dem das große Orchester zu Beginn seiner Gründung gestartet war. Es kristallisierte sich immer mehr heraus, dass wir kein Jugendorchester im klassischen Sinn sind. Die Mitspieler des Vororchesters reichten stets vom Schüler, phasenweise sogar aus der Grundschule, bis zu Hobbymusikern im besten Alter, die keine Herausforderung scheuen.

Auch in unseren öffentlichen Auftritten bekamen wir in den folgenden Jahren immer mehr Routine. 2015 spielten wir wieder einen eigenen Block beim Jahreskonzert, zum ersten Mal mit einem richtigen „Eigengewächs“, einem Posaunisten, der als einziger Musiker im Verein im Grundschulalter ins Vororchester kam und mittlerweile auch im MBO spielt.
Ein fester Bestandteil unseres Jahreskalenders war damals der „Indoor“-Weihnachtsmarkt, den wir alle sehr schätzten, da Musiker die Adventszeit sonst eher mit eingefrorenen Ventilen und eisigen Fingern verbinden. 2016 haben wir beides ausprobiert und uns auch auf dem Weihnachtsmarkt der Stadt Ludwigshafen am Berliner Platz präsentieren dürfen.

Musiker auf Abwegen

Aus beruflichen Gründen war es mir 2017 nicht möglich, das Orchester zu leiten. Es musste eine Lösung her. Die naheliegendste Lösung war, dass Dominique Civilotti das Vororchester mitbetreute. Die Probenzeit wurde aus diesem Grund etwas verkürzt und nach hinten verschoben. Diese Veränderungen wurden beibehalten und haben sich bis heute bewährt. 2018, ich war auch wieder an Bord, steuerten wir wieder einen Block zum Jahreskonzert bei, vorerst unseren letzten. Einige Mitglieder wechselten fest ins MBO und so schrumpfte die Anzahl der Mitspieler erheblich: übrig blieben die richtigen Anfänger und die besonders ehrgeizigen Musiker. Wer sich im MBO nicht voll ausgelastet fühlte, wählte kurzerhand noch ein zweites Instrument und lernte es im Vororchester. Besonders das Querflötenregister hat hier begonnen, sich ein zweites Standbein im Blechbereich aufzubauen. Durch die zeitlichen Doppelbelastungen einiger Musiker und die ambitionierten Konzertprogramme konnten aber nicht mehr beide Orchester miteinander vereinbart werden.

Wer bin ich, und wenn ja, wie viele?

Was tun, wenn man vielen verschiedenen Ansprüchen gerecht werden will? Wir wollen Neu- und Wiedereinsteigern die Chance bieten, bei uns mitzuspielen und ein Instrument von Grund auf zu lernen. Wir wollen Programme spielen, die auf unsere Besetzung passen und die auch kurzfristig bei der Umrahmung einer Veranstaltung abgerufen werden können. Viele Möglichkeiten wurden ausgelotet und letztendlich fanden wir eine unkonventionelle Lösung: vom Vororchester zum Ensemble. Die Initialzündung für diesen Lösungsansatz lieferte ein Auftritt im September 2018. Wir spielten mit einer sehr gemischten Besetzung aus Vor- und Hauptorchester am Freiwilligentag der Lukom in einem Altenheim. Es wurde Unterhaltungsprogramm gespielt, ein Musikgenre, welches vom MBO weniger bedient wird. Es war eine projektbezogene und überschaubare Probenarbeit, und alle hatten viel Spaß dabei. Die Konsequenz aus diesem gelungenen Auftritt war, dass das Vororchester in ein Ensemble umgewandelt wurde. Es besteht mittlerweile aus einer ausgewogenen Instrumentierung. Der Altersschnitt ist noch immer so divers wie vor 10 Jahren, aber der Großteil spielt mittlerweile auch im MBO mit. Ein System, das sich bis heute bestätigt hat und vermutlich auch in Zeiten von Corona weiterhin praktikabel bleibt.

Ich freue mich schon auf die nächsten Jahre im Verein und mit dem Ensemble und möchte mich an dieser Stelle noch bei allen bedanken, die diesen Weg unterstützt haben.

Informiert bleiben im Jubiläumsjahr

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